Ganz klar offtopic, aber ganz klar auch weitaus wichtiger und relevanter als jeder Food-, Fitness oder Lifestyle-Post hier. Auch wenn wir bisher wenig politisch waren, wollen wir uns in diesem Zuge ganz deutlichst gegen Rassismus und Hass jeder Art positionieren. Wenn wir damit nur eine einzige Person zum Nach- und Überdenken, zum Reflektieren und Lernen anstoßen können, haben wir alles erreicht was wir wollten. Und was wir selber tun müssen. Lernen!
Ich habe Gottseidank unheimlich intelligente Freund:innen die mich regelmäßig mit Themen herausfordern, die oft auch über meinen Tellerrand hinausgehen. Die unangenehm sind. Vor denen man gerne die Augen verschließt. Die aber unbedingt behandelt werden müssen. Ich bin mir meiner politischen Einstellung sehr sicher. Musste aber, in Anbetracht der aktuellen Geschehnisse, lernen, dass sich für sich selbst zu positionieren einfach nicht mehr ausreicht. Es reicht nicht kein: Rassist:in zu sein. Wir müssen Anti-Rassist:innen sein und lauter werden.
Aber was kann/sollte man tun um ein Anti-Rassist zu sein? Fragen, die ich mir selbst oft gestellt habe, und im nächsten Augenblick *leider zu oft zu ignorant war um wirklich aktiv etwas zu tun. Das Schöne ist, dass es nie zu spät ist, sich in Themen einzuarbeiten, zu belesen, zu lernen. Wir lernen genau wie ihr. Wir lernen mit euch. Wir lernen durch euch. Dass es tausend Wege gibt aktiv zu sein um für Gleichberechtigung zu kämpfen. Dass man nicht zwangsläufig laut-grölend auf jeder Demo mitlaufen muss. Dass es nicht schlimm ist unwissend zu sein, solange man etwas daran ändern möchte und offen ist dazuzulernen bzw. zu entlernen. In diesem Artikel findest du Buch- und Podcastempfehlungen, Möglichkeiten um aktiv zu werden und Personen, die dir beim Einstieg in dieses Thema helfen können.
Lasst mal mehr laut sein. Und Liebe spreaden.
Was ist Rassismus?
Lasst uns aber, bevor wir überlegen, was man tun kann den Begriff „Rassismus“ nochmal kurz klären.
Der Begriff „Rassismus“ ist erheblich jünger als der damit bezeichnete Sachverhalt. Das französische Adjektiv „raciste“ tauchte zuerst in den 1890er Jahren als Selbstbezeichnung von Nationalisten auf. Das Substantiv „Rassismus“ entstand erst in den 1920er Jahren als antirassistischer Kampfbegriff. Es gibt jedoch keine unbestrittene Definition dessen, was damit bezeichnet wird in den zahlreichen sozial-, kultur- und geschichtswissenschaftlichen Disziplinen, die sich mit dem Phänomen beschäftigen. Grundsätzlich lässt sich zwischen eher inhaltlichen, auf die biologistische Substanz des Rassismus abzielenden und eher formalen, auf seine sozial-psychologische Funktionsweise fokussierenden Definitionsversuchen unterscheiden. Erstere verstehen unter Rassismus die Überzeugung, dass klar abgegrenzte menschliche „Rassen“ existierten, die angeblich die physischen, intellektuellen und charakterlichen Eigenschaften der Individuen bestimmen – und deren Vermischung zu vermeiden sei. Formale Definitionsversuche dagegen betonen die Mechanismen der Ab- und Ausgrenzung zwischen der „eigenen“ Gemeinschaft und den „Fremden“. – bpb.de
Wichtig wäre, zu verstehen, dass Rassismus eine Ideologie – also eine Weltanschauung verknüpft mit einer Wertvorstellung – ist, die davon ausgeht, dass menschliche „Rassen“ existieren und dass die „weiße Rasse“ die überlegene ist. Entlang dieser Vorstellung haben sich in unserer Menschheitsgeschichte globale Machtstrukturen entwickelt, die zur Unterdrückung und Ungleichbehandlung auf gesellschaftlicher und individueller Ebene führen. Rassismus ist also nicht nur eine Einstellung, sondern ein Herrschafts- und Machtinstrument und führt letztendlich zu den Bildern, die wir zB gerade aus den USA sehen: dass schwarze Menschen Gefahr laufen, für etwas getötet zu werden, wofür weiße Menschen nicht getötet worden wären. Oder aber, dass wir nicht Schweizer:innen und Engländer:innen meinen, wenn wir von „Migrant:innen“ sprechen, sondern Afrikaner:innen, die in den Lagern an den EU-Außengrenzen verharren.
Was kann ich tun um aktiv zu werden?
Keep the conversation up.
Es ist wirklich egal, ob dir auf sozialen Netzwerken 20 oder 200.000 Leute folgen – mach deinen Mund auf, mach auf die Thematik aufmerksam, teile Informationen, nutze den Share-Button. Das ist tatsächlich das einfachste, was man machen kann. Das mag sich nach nichts anfühlen, aber stell dir vor, du erreichst damit, dass eine Handvoll von Leuten danach noch einen weiteren Artikel zum Thema lesen, sich informieren, sich und ihr Handeln überdenken und der besten Freundin/Freund, Oma, Opa… davon erzählen. Ganz ehrlich – anders war es bei mir auch nicht. Ich wurde online regelmäßig damit konfrontiert, konnte der Thematik nicht aus dem Weg gehen, bis ich mich dann selbst damit mehr befassen wollte. Lernen wollte. Es ist wie ein Schneeballprinzip. Jetzt sitze ich hier und gebe weiter, was ich durch und mit anderen lernen durfte, in der Hoffnung, dass du Gleiches tust.
Viele Leute bringt es richtig zum Nachdenken, wenn Personen, die sich sonst eher wenig mit gesellschaftlichen Themen beschäftigen, ihre Meinung kundtun und sich mit ihrer Position auseinandersetzen – das ist authentisch und durchdringt die gute alte Filterblase. Achtet allerdings darauf, Betroffene von Rassismus selbst zu Wort kommen zu lassen : don’t be a voice – just pass the mic!
Rassismus ist nicht zu Ende, wenn der Austausch über den Tod von George Floyd abflacht. Keep the Conversation up!
Rassismus passiert überall, jeden Tag.
Zu Buchempfehlungen komme ich später noch, aber ein großes Learning aus dem letzten Buch ist, dass Sprache sehr viel Macht hat. Hör mal genau hin. Was meinen weiße Leute wenn sie von „guten Nachbarschaften“, „guten Schulen“ und „gefährlichen Gegenden“ sprechen? Frag sie mal. Mach das Gespräch unangenehm. Rassismus passiert uns jeden Tag in unserem Alltag. Oft durch die Blume. Was du tun kannst? Aufmerksam sein und darauf aufmerksam machen. Genau so habe ich es auch gelernt, mehr auf meine Sprache und die der anderen zu achten. Oftmals ist es der:mjenigen in dem Moment nicht mal bewusst, dass das vielleicht eine rassistische Aussage war. Im besten Fall überdenkt er:sie diese Aussage.
Check yourself.
Stell dir bei jedem Vorurteil, welches in deinem Kopf alltäglich aufploppt, die Frage ob dies der Wahrheit entspricht oder einfach ein Mechanismus ist der dir jahrelang beigebracht wurde. Wir sind rassistisch sozialisiert worden. Die gute Nachricht ist aber: es ist nicht zu spät die eigenen Vorurteile zu hinterfragen und widerlegen. 🙂
Kleine Gesten im Alltag, ein Lächeln, ein freundliches Hallo, Augenkontakt unabhängig von Alter, Hautfarbe, Sexualität… – es fühlt sich so schlimm an, das überhaupt sagen zu müssen – sind übrigens auch ein Anfang.
And then Check-In with your friends and family.
Suche die unangenehmen Gespräche am Esstisch, in der Bar oder beim Sleepover. Tausch dich aus, lerne dazu oder gib jemandem einen neuen Ansatz. „Ist doch nur ein Witz gewesen.“ zählt übrigens nicht mehr als Rechtfertigung für einen dummen Spruch.
Viele Organisationen (für Berlin könntest du dich an diese wenden) bieten übrigens sogenannte Argumentations- und Handlungstrainings an, wo du den Umgang mit genau solchen Situationen üben und verschiedene Strategien ausprobieren kannst, um ein Gespräch anzufangen und konstruktive Diskussion zu führen, ohne dein Gegenüber zu verlieren.
Nutze deine Stimme.
Geh auf die Straße. Demonstriere. Nutze deine Stimme für das was dir wichtig ist. Sei laut. Am 6.6. finden in ganz Deutschland Demonstrationen statt – vielleicht ein guter Anlass für deine erste Demo?
Im Herbst 2021 sind Landtags- und Bundestagswahlen. Informier dich! Nutze deine Stimme für die, in deinen Augen, richtigen Parteien.
Wenn du Rassismus siehst, sprich es an. Nutze deine f****** Stimme.
Educate yourself.
Bücher:
- Noah Sow – Deutschland Schwarz Weiß.
- Tupoka Ogette – Exit Racism.
- Alice Hasters – Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen müssen.
- Reni Eddo-Lodge – Why I’m no longer talking to white people about race.
- Carolin Ecke – Gegen den Hass.
- Kübra Gümüsay – Sprache und Sein.
- Matthias Quant – Deutschland Rechtsaußen.
Podcasts/Hörbücher (bei Spotify)
- Tupoka Ogette – Exit Racism
- Alice Hasters – Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen müssen.
- About Race.
- Lena & Liberta – I can’t breathe.
Filme/Serien:
- Explained: The Racial Wealth Gap (Netflix)
- When They See Us (Netflix)
- 13th (Netflix)
- Who killed Malcom X (Netflix)
- Dear White People (Netflix)
- I Am not your Negro
Videos:
- Black Feminism & the Movement for Black Lives: Barbara Smith, Reina Gossett, Charlene Carruthers (50:48)
- „How Studying Privilege Systems Can Strengthen Compassion“ | Peggy McIntosh at TEDxTimberlaneSchools (18:26)
Artikel:
- “Who Gets to Be Afraid in America?” by Dr. Ibram X. Kendi | Atlantic (May 12, 2020)
- “America’s Racial Contract Is Killing Us” by Adam Serwer | Atlantic (May 8, 2020)
- “Where do I donate? Why is the uprising violent? Should I go protest?” by Courtney Martin (June 1, 2020)
- ”White Privilege: Unpacking the Invisible Knapsack” by Knapsack Peggy McIntosh
Personen:
In diesem Sinne auch noch Danke an Clara von aras für die Informationen und deine Arbeit <3. (love you forever Babygirl.)
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